Futter für die Beete: Gärtner-Cocktail à la Minitopia

von Julia Grohs

Als Kinder sind wir zum Abkühlen immer in einen nahegelegenen Bach gehüpft. Salto ohne-Nase-zuhalten, minutenlanges Tauchen – alles kein Problem. Bis wir das eines Sommers nicht mehr durften. „Die Landwirte haben das Wasser vergiftet“ mahnten die Eltern. Zu viel Dünger, zu viele Pestizide, zu viel von allem. Wie man das in den 90er Jahren eben so machte, als man bei einem Waldspaziergang noch regelmäßig verrostete Kühlschränke und Mikrowellen finden konnte.

Heute sind die Wälder zwar sauberer, aber das Problem mit dem Überdüngen ist geblieben. Die EU verklagte Deutschland 2016 wegen der Nitratbelastung im Grundwasser. Zu viel Tiermist aus der Fleischwirtschaft wird auf den Feldern verklappt, die meist in Monokultur angebauten Pflanzen können das überschüssige Nitrat nicht aufnehmen und es landet in Flüssen und Seen. Hinzu kommt Kunstdünger, der, speziell auf verschiedene Arten abgestimmt, zwar kurzfristig die Pflanzen gedeihen lässt, langfristig aber den Boden auslaugt und Humus abbaut. Deshalb muss immer weiter Kunstdünger zugeführt werden. Ein gutes Geschäft für die Agrarmultis, auf Kosten von Umwelt und Gesundheit.

Bei Minitopia wollen wir natürlich auch gute Erträge aus unseren Beeten holen, allerdings nicht um jeden Preis. Oberste Prämisse ist: Der Boden soll genährt werden, nicht nur die Pflanzen! Das stabilisiert längerfristig die Erträge, sorgt für gesündere, schädlingsunanfällige Pflanzen und schützt die wichtigsten Lebensgrundlagen Boden und Wasser.

Deshalb nutzen wir verschiedene biologische Möglichkeiten der Düngung und Humuserzeugung, welche in diesem Blog vorgestellt werden und gerne auch im heimischen Garten, dem Balkon oder der Fensterbank nachgemacht werden dürfen.

Heute der Cocktail unter den Gartenhelfern, die Brennesseljauche (mit Schirmchen):

Der biologische Flüssigdünger führt nicht nur den Pflanzen Nahrung zu, sondern schützt auch gegen Schädlinge und soll durch die enthaltene Kieselsäure den Geschmack von Gurken und Tomaten verbessern. Dabei ist die Jauche äußerst einfach und günstig in der Herstellung.

Zutaten:

Brennesseln, (Regen-)Wasser, Schere, Handschuhe!, Bottich + luftdurchlässigem Deckel, Rührstab, Sieb

Rezept:

Man füllt einen Bottich voll mit Trieben der Großen Brennnesseln (Urtica dioica). Die Pflanzen mit einer Schere zerkleinern, am besten mit Handschuhen. (Kein Angestellter der Stadtgärtnerei hat was dagegen, wenn ihr euch ein paar Pflanzen für die Balkonjauche holt)

Auf ein Kilo frische Brennnessel kommen 10 Liter Wasser. Im Idealfall mineralienarmes Regenwasser. Hat man getrocknete Pflanzen reichen 200 Gramm Nesseln auf 10 Liter Wasser. Beides füllt man in einen Bottich. Kräftig umrühren und an einen sonnigen Ort stellen.

Zur Geruchsvermeidung könnt ihr etwas Steinmehl zufügen, das bindet die bei der Gärung freigesetzten stinkenden Gase. Ebenso wirkt eine Handvoll Lehmerde oder Kompost. Als Katalysator für die Jauchebildung hilft ein guter Schuss Urin(vielleicht an einem etwas uneinsehbaren Eckchen zufügen.)

Luftdurchlässigen Deckel drauf, wenn vorhanden und 2-3 Wochen ziehen lassen. Wichtig ist, dass man jeden Tag einmal kräftig umrührt. Fertig ist der Gärtner-Cocktail, wenn keine aufsteigenden Blasen mehr zu sehen sind. Die Jauche einmal durch ein Sieb laufen lassen. Die übriggebliebenen Feststoffe könnt ihr kompostieren oder direkt als Mulch verwenden.

Für ausgewachsene Pflanzen als Dünger oder zur Schädlingsbekämpfung in einem Verhältnis von 1 zu 10 mischen. Damit gießen oder einsprühen. Für Sämlinge ist das immer noch zu scharf, dann lieber 1 zu 20 verdünnen. (Klar, für die Kleinen weniger Cocktail) Den starkzehrenden Pflanzen wie Tomaten, Auberginen, Kartoffeln oder den meisten Kohlsorten könnt ihr ruhig alle 4 Wochen eine Einladung zur Cocktailparty schicken.

Ansonsten schaut euch eure Pflanzen gut an, wenn der Ertrag trotz gesunder Pflanze plötzlich sinkt, Verfärbungen oder Krankheiten auftreten, liegt wahrscheinlich ein Nährstoffmangel vor.

Neben Brennnesseln könnt ihr auch andere Wildkräuter untermischen. Beinwell etwa ist ein guter Kali-Lieferant. Auch Blätter vom Löwenzahn, Schafgarbe oder Kohlarten variieren den Gärtner Cocktail.

Prost wünscht Minitopia

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